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1975: Friedrichstadtpalastverbot

Na das mit dem Friedrichstadtpalastverbot war so eine Sache, die zwischen meiner Mutter und mir beinahe nicht richtig bereinigt werden konnte.

In der DDR, und das betraf besonders die 70er, waren die Fenster zum Westen für Normalsterbliche ziemlich verschlossen. Es gab aber ein winzigen Spalt, der sich manchmal Sonnabendabend im DDR-Fernsehen öffnete. Da lief dann die Fernsehshow „Ein Kessel Buntes“ mit den drei Dialektikern und später mit anderen Moderator*innen. Wenn es einen Ort zum Auftritt für internationale Stars aus dem nichtsozialistischen Wirtschaftssystems (NSW) gab, dann war es diese Fernsehsendung. Sie zeigte mir, dass es ein buntes Leben jenseits der Zone geben muss. Und das alles fand in den frühen Jahren der Show im legendären Friedrichstadtpalast statt.

Ich war neun und so fasziniert von dem Ding, zudem auch noch der Vater eines Mitschülers meiner Klasse in der Werner-Seelenbinder-Oberschule Bühnenbildner im Palast war und der Klasse für die Kinderrevue „Clown Ferdinand“ Karten besorgte. Das war meine Chance, endlich meinen Traum, den Palast in Berlin von innen zu sehen, in Erfüllung gehen zu lassen. Diesen dunklen samtrot schimmernden Zuschauerraum mit seinen typischen Säulen, auf die die ganzen Westkünstler geschaut haben müssen, während sie im  „Kessel“ sangen. Eine wunderbare Vorstellung, die ich mir sicher mehr, als all die anderen Kinder, gewünscht hätte.

Doch meine Mutter hatte als Strafe für mein Schwänzen von Ferienspielen ausgerechnet die Streichung dieses Schulausfluges vorgesehen. Das brachte mich völlig aus der Fassung. Meine Rebellion hatte aber keinen Erfolg. Ich musste, als meine Klassenkamerad*innen nach Berlin fuhren, bei ihr in der Bezirkssprachheilschule in der Seestraße, wo sie Erzieherin war, antreten. Ich fand das natürlich völlig unangemessen, überzogen und gemein. Die Filzstifte, die ich später von meiner Klassenlehrerin, Frau Masur, als Ausgleich für die entgangene Klassenfahrt überreicht bekam, konnten meine Tränen aus Wut und Unrecht nicht trocknen.

Jahre später stellte ich meine Mutter zur Rede. Sie wollte mich damals treffen, da sie der Meinung war, ich entgleite ihr sonst. Ich habe ihr irgendwann verziehen, obwohl ich nie mehr in das alte Revuetheater kam.

In den 80ern wurde das Ding abgerissen und statt dessen wurde ein neuer Palast gebaut. Diesen dürfte ich dann mal besuchen. Wehmütig dachte ich an entgangene Kinderfreuden. Der Palastneubau erzählt mir keine Geschichte und hat für mich bis heute nicht die Faszination und Anziehungskraft des schönen, alten Friedrichstadtpalastes.